Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Standortbezogenes Betriebskonzept systematisch entwickeln

Facility Management: Homeoffice » Grundlagen » Betriebskonzepts

Standortbezogenes Betriebskonzept im Facility Management

Standortbezogenes Betriebskonzept im Facility Management

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Hybride Arbeitsmodelle und Homeoffice sind inzwischen fester Bestandteil vieler Unternehmen: Beschäftigte verbringen im Schnitt etwa die Hälfte ihrer Arbeitswoche zuhause. Das „9‑to‑5 Office“ gilt heute als Auslaufmodell. Facility Manager stehen daher vor der Herausforderung, ihre Konzepte neu zu denken: Neben der klassischen Büropräsenz müssen Betriebsleistungen zunehmend auch wohnortnahe Arbeitsplätze unterstützen. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an professionellen FM‑Services unverändert hoch – ob im Büro oder zu Hause – weil Menschen in beiden Umgebungen produktiv und gesund arbeiten wollen. Eine professionelle FM-Organisation erfordert laut GEFMA-Richtlinien nun einheitliche, systematische Konzepte (z. B. für Reinigung, Sicherheit oder Betrieb), deren Inhalte aber bisher oft unklar definiert sind.

Ein standortbezogenes Betriebskonzept verknüpft theoretisches Know-How mit den konkreten Anforderungen eines Ortes. Es integriert moderne Arbeitsmodelle (z. B. Hybrid Work) und optimiert gleichzeitig klassische Facility-Prozesse. Führungskräfte und FM-Verantwortliche gewinnen so eine belastbare Planungsgrundlage: Sie wissen, welche Räume, Services und technischen Einrichtungen ein Standort benötigt, unter welchen Kosten und Vorschriften. Das Ergebnis sind effizientere Abläufe, höhere Flächeneffizienz und letztlich eine verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit – sowohl im Büro als auch im Homeoffice. In einer Zeit des „New Work“ ermöglicht ein solches ganzheitliches Konzept, Organisation und Standortinfrastruktur strategisch zu verknüpfen und zukunftssicher zu gestalten.

Theoretische Fundierung

Facility Management integriert technische und infrastrukturelle Leistungen zur ganzheitlichen Unterstützung der Primärprozesse eines Standorts. Nach GEFMA 100‑1 bilden klare Definitionen und Strukturen von FM die Grundlage für Strategie und Organisation. In der Organisationsentwicklung ist zu beachten, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern Vertrauen schenken und agile Führungsmodelle etablieren müssen, wenn diese zunehmend ortsunabhängig arbeiten. Studien zeigen, dass flexible Arbeitsmodelle nur mit datenbasierter Analyse funktionieren: Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen und Nutzungsstatistiken sind nötig, um die tatsächlichen Bedürfnisse zu verstehen.

Die Standorttheorie lehrt, dass Standortfaktoren wie Erreichbarkeit, Infrastruktur und räumliche Nähe zu Kunden oder Lieferanten entscheidend für die Wirtschaftlichkeit sind. Ein FM-Betriebskonzept muss diese lokalen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Beispielsweise können Standorte differenziert werden in einen „Spezialisten-Standort“ (z. B. mit Laboren oder Werkstätten, die regelmäßige Anwesenheit erfordern) und ein „Flexibles Büro“ (z. B. Co-Working-Spaces oder Satellitenbüros nahe Wohngebieten). Solche Konzepte folgen dem ganzheitlichen „Omni-Channel“-Ansatz, der verschiedene Arbeitskanäle (Büro, Homeoffice, Remote-Standorte) vereint. Hybridarbeit im Sinne von „Work-From-Anywhere“ (WFA) hat erkannt, dass Produktivität nicht vom physischen Anwesenheitsgrad abhängt, sondern von der Bereitstellung einer bedarfsorientierten, flexiblen Infrastruktur.

Die Anforderungen an ein Betriebskonzept variieren stark nach Gebäudetyp und Branche:

  • Bürogebäude: Moderne Bürowelten setzen auf offene Raumstrukturen, Desksharing und Nutzerzentrierung. FM-Konzepte müssen hier vielseitig sein: Neben klassischen Diensten (Reinigung, Sicherheit, Verpflegung) sind nun Arbeitsplatz- oder Meeting-Finder-Apps, flexible Ausstattungen und die Planung von „Hot Spots“ für projektbezogenes Zusammenkommen gefragt. Hybride Arbeitsmodelle führen zu sinkender Durchschnittsbelegung (Büroauslastungen um nur ~45 %); zugleich wollen viele Firmen Büroräume nicht einsparen, sondern qualitativ umbauen (z. B. zu Gemeinschafts- und Kreativzonen). Das Betriebskonzept muss diese Dynamik abbilden.

  • Öffentliche Verwaltung: Behörden unterliegen strengen Vorschriften. Die RBBau-Richtlinie des Bundes fordert z. B. eine gründliche Bedarfsplanung zur Ermittlung von Raumfunktionen, Arbeitsabläufen und Sondernutzungsanforderungen; zudem verlangt sie ein Betreiberkonzept für nachhaltiges Gebäudemanagement. Für Verwaltungsgebäude gelten oft noch traditionelle Präsenzpflichten, aber auch hier fordern Mitarbeiter mehr Flexibilität. Facility Manager müssen daher ein Konzept entwickeln, das digitale Aktenverwaltung, Bürgerzugang und Homeoffice-Anforderungen abwägt. Beachten muss man außerdem BNB-Nachhaltigkeitskriterien, die die Prozessqualität anhand eines qualifizierten Betreiberkonzepts prüfen.

  • Industrieanlagen: In Produktionsstandorten stehen der Werker- und Anlagenschutz sowie die Aufrechterhaltung der Produktion im Vordergrund. Homeoffice betrifft hier primär die Verwaltung und Ingenieure, nicht aber Fertigungsstraßen. Ein FM-Konzept für Industrie berücksichtigt umfangreiche Infrastruktur‑ und Logistikdienste (Instandhaltung, Haustechnik, Umweltsicherheit). Typische Inhalte sind Schichtpläne, Energie- und Wasserverbräuche, Instandhaltungszyklen sowie behördliche Auflagen (Umwelt, Arbeitssicherheit). Flexible Arbeitsplätze sind selten, dafür sind klare Regelungen für Betriebstechnik und Notfallmanagement wichtig.

Ein standortbezogenes Betriebskonzept wird systematisch in folgenden Schritten entwickelt:

  • Standort- und Bedarfsanalyse: Ermittlung der Nutzungsanforderungen durch Interviews, Nutzungsstudien und Dokumentenanalyse. Gemäß RBBau sind Raumprogramm, Betriebsabläufe und technische Anforderungen zu erfassen. Hierzu gehört eine Standortanalyse nach klassischen Kriterien (z. B. Erreichbarkeit, Einzugsgebiet).

  • Nutzer- und Prozessprofil: Aus der Bedarfsanalyse werden Mitarbeitergruppen (z. B. Verwaltung, Produktion, Lager) mit ihren Arbeitsmustern und -zeiten definiert. Prozessmodellierung aus Logistik und Produktionsplanung kann helfen, typische Nutzungs- und Serviceprozesse abzubilden.

  • Flächen- und Raumplanung: Ermittlung der notwendigen Flächen nach Normen (z. B. DIN 277 zur Grundflächenberechnung) und Standards (GEFMA 130-1 für Flächenmanagement). Dabei wird geklärt, welche Räume und Module (Büros, Konferenz, Technik, Sozialbereich) am Standort benötigt werden. Die Flächenbedarfszahlen müssen auf die tatsächliche Belegung („ausnutzbare Fläche“) und auf flexible Arbeitsplatzmodelle abgestimmt werden.

  • Service- und Leistungsstruktur: Definition der Facility-Services nach Leistungskategorien (z. B. Gebäudetechnik, Reinigung, Sicherheit, Catering, Umweltdienste). Hierbei orientiert man sich an Regelwerken wie GEFMA 100 oder 200. Ein Betriebskonzept beschreibt Leistung, Frequenz und Qualität jeder Serviceleistung. So wird z. B. festgelegt, wie Gebäudetechnik gewartet wird, welche Reinigungsintervalle gelten oder welche Sicherheitsdienste benötigt werden. Das Konzept schreibt auch Verantwortlichkeiten fest (z. B. nach GEFMA 190 zur Betreiberverantwortung).

  • Wirtschaftlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsanalyse: Bewertung von Kosten und Nutzen. Hierzu werden Investitions‑ und Betriebskosten den erwarteten Einsparungen gegenübergestellt. Studien zeigen, dass Büroflächenreduktion langfristig nur wirtschaftlich ist, wenn Umbaukosten und Anmietungsbedingungen stimmen. Im FM-Konzept werden daher Budgetrahmen definiert (etwa nach DIN 276) und Finanzierungskonzepte erarbeitet.

  • Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen: Prüfung aller einschlägigen Vorschriften. Wesentlich sind hier das Arbeitsschutzgesetz und die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Letztere definiert z. B. den Telearbeitsplatz (§ 2 Abs. 7 ArbStättV) als fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz mit vertraglich vereinbarter Ausstattung. Mobile Tätigkeiten außerhalb definierter Telearbeitsplätze fallen nicht unter die ArbStättV, unterliegen jedoch dem ArbSchG. Im FM-Konzept werden daher Aspekte wie Bildschirmarbeitsplatzprüfung, Ergonomie oder Zutrittsregelungen thematisiert. Für öffentliche Objekte werden zudem Bauordnungen und ggf. das Energiemanagementgesetz berücksichtigt.

Ein Betriebskonzept im FM orientiert sich an etablierten Normen und Richtlinien:

  • DIN-Normen: Für Flächen- und Kostenplanung gelten DIN 277-1 (Ermittlung von Grundflächen und Rauminhalten) sowie DIN 18960 (Nutzungskosten im Hochbau) und DIN 276 (Kosten im Bauwesen). Speziell im FM ist DIN EN 15221‑6 relevant, die ein einheitliches Verfahren zur Flächenbemessung und Raumklassifizierung festlegt. Für Innenräume wurden ehemals DIN 4543 (Büroarbeitsplätze) und heute ASR A1.2 (Flächen und Verkehrswege) sowie DGUV Richtlinien herangezogen.

  • GEFMA-Richtlinien: Zahlreiche GEFMA-Publikationen liefern praxisnahe Vorgaben. GEFMA 110 skizziert etwa das Vorgehen bei der FM-Einführung. GEFMA 130‑1 definiert das Flächenmanagement als Basis für ökonomische Betrachtungen (Raumprogramm, Kostenkalkulation, Bewirtschaftungskosten). GEFMA 190 behandelt die Betreiberverantwortung (gesetzliche Pflichten und Haftung). Neuere Richtlinien (z. B. GEFMA 114) vereinheitlichen Begriffe zu „Konzepte im FM“ (inklusive Betriebskonzept).

  • Gesetzliche Vorgaben: Arbeitsschutz und Betriebliche Sicherheit sind durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Neben ArbStättV/ArbSchG sind dies etwa das Arbeitsschutzgesetz, die Bildschirmarbeitsverordnung (in ArbStättV integriert) und DGUV-Vorschriften. Bau- und Energiegesetze (z. B. EnEG/EnEV, EEWärmeG) können im Bau- und Betriebsprozess relevant sein. In öffentlichen Projekten muss das BNB‑Nachhaltigkeitsleitfaden erfüllt werden, der mit einem qualifizierten Betreiberkonzept die prozessuale Nachhaltigkeit fordert.

Alle Normen bieten einen Rahmen, innerhalb dessen das Betriebskonzept Standortunterschiede abbildet – seien es minimale Raumgrößen für Arbeitsplätze, Fluchtwegevorgaben oder Energieeffizienzanforderungen. Die Einhaltung dieser Standards im Konzept ist essenziell für Rechtssicherheit und Qualitätssicherung.